CATI Interview: die 5 goldenen Regeln des Telefoninterviewers
Als ich die Kopfhörer für mein erstes CATI-Interview aufsetzte, was viele Jahre her ist, hatte ich keine Angst. Diejenigen, die diesen Beruf in einem internationalen Unternehmen wie dem unseren ausüben, zeichnen sich durch drei Eigenschaften aus: Sie lieben Sprachen, sie haben eine große Leidenschaft für das Zuhören und sie wollen sich engagieren. Ich verfüge über all diese Eigenschaften und darüber hinaus besitze ich eine gute Dialektik, so wie viel Ehrgeiz.
Aber am Anfang war die Arbeit, die mich wirklich geprägt hat, neben der Übersetzung von Fragebögen und Interviews, das Monitoring. Die Interviews meiner Kollegen stichprobenartig anzuhören, Daten und Ergebnisse zu beobachten, mit dem Interviewer zu vergleichen und mögliche Verbesserungen für jedes Projekt zu finden. Glauben Sie mir, es braucht tausend Augen und Ohren, auch wenn Sie nur zwei davon haben.
Wir sind über die Jahre exponentiell gewachsen. Heute sind wir über 50 Manager und über 1000 Interviewer. Ich wurde Global CEO unseres multinationalen Unternehmens. Wir haben ein sehr strukturiertes Team von Mitarbeitern aufgestellt, die aus der ganzen Welt arbeiten. Im CATI-Bereich geben wir unseren Telefoninterviewern, insbesondere den Neulingen, ein sehr intensives Training und organisieren umfassende Briefings für jedes Projekt. Die meisten unserer Manager (inklusive mir) fanden als Interviewer ihren Ursprung, haben also klein angefangen und sind die „Karriereleiter“ hinaufgestiegen.
Die gemeinsame Arbeit hat sich so gut entwickelt, dass sogar das Training ein Niveau erreicht hat, das ich nie für möglich gehalten hätte. Ich spreche häufig persönlich mit den Managern. Vor einer Woche habe ich Rosaura Strazzeri getroffen – Field Director von FFIND – und bat sie um Hilfe beim Schreiben des Artikels, den Sie gerade lesen. Die Frage des Artikels: “Was sind die goldenen Regeln für einen Telefoninterviewer, der in der Marktforschung arbeitet? Voraussetzung hierbei, es sollen nicht mehr als fünf sein: Ich will, dass man sie an einer Hand abzählen kann!”
Ihre Antwort: „Die Regeln sollten unsere “Caller” nicht nur aufzählen, sondern sich auf die Hand tätowieren: Sie sind unsere fünf Gebote!“, die da wären:
- den Fragebogen gut kennen
- eine Einleitung vorbereiten, zu welcher man nicht nein sagen kann
- professionell, vertrauenserweckend und zuvorkommend sein
- stets neutral bleiben
- das Probing richtig kalibrieren.
1. Den Fragebogen gut kennen
Wenn Sie Ihre Zielgruppe kennen, dann wissen Sie auch, wie Sie diese erreichen können. Wenn Sie den Zweck der Studie und jede einzelne Frage kennen, dann wissen Sie auch, wie Sie die Daten richtig erheben können. Die Fragebögen sind oft lang und umständlich geschrieben, es gibt mehrere mögliche Routings, und sie können manchmal sogar länger als 15 Minuten andauern. Jeder Antwort kann daher also eine andere Frage folgen.
Ein guter Telefoninterviewer versteht es, einen Fragebogen auch besser zu beobachten und kritischer zu sein, als die Person, die ihn entworfen hat. Er/Sie kann also Lücken und Kritikpunkte in einem bestimmten Teil des Interviews oder in der Formulierung einer Frage erkennen. Er/Sie kann den Tonfall anpassen, um die Aufmerksamkeit groß zu halten und den Gesprächspartner nicht zu verlieren. Den Fragebogen gut zu kennen, ist der erste Schritt.
2. Eine Einleitung vorbereiten, zu welcher man nicht nein sagen kann
“Shine on, your intro diamond”, würde David Gilmour singen, es ist das Erste was der Befragte hören wird. Die Einleitung ist Ihre einzige Chance, um zu glänzen. Man muss Empathie zeigen, um zu verstehen, welche Mittel man verwenden kann, um die Person zur Teilnahme zu bewegen. Schon das Verb „teilnehmen“ setzt voraus, dass sich der Befragte direkt beteiligt fühlt, dass er sich als “Teil” der Studie fühlt. Überzeugen Sie, aber sanft.
Denken Sie daran, dass Sie kein Telefonverkäufer sind, Sie betreiben Marktforschung. In den sozialen Studien, aber auch in den meisten B2C-Studien, äußert der Befragte seine Meinung. Er repräsentiert einen Teil der Bevölkerung, so dass Sie in der Einleitung an sein Gemeinschaftsgefühl, seinen Stolz appellieren könnten. Bei B2B-Studien hingegen sollten Sie dem Befragten das Gefühl geben, dass er aufgrund seines Fachwissens und in seinem Bereich wichtig ist.
3. Professionell, vertrauenserweckend und zuvorkommend sein
Es kann vorkommen, dass ein Befragter ein wenig störrisch ist. Denken Sie daran, dass wir arbeiten und dass wir den Befragten wahrscheinlich in einem freien oder heiklen oder komplizierten Moment (im Fall von B2C) oder während der Arbeitszeit (im Fall von B2B) erwischen könnten – er/sie ist nicht verpflichtet zu antworten oder zuvorkommend zu sein, wir hingegen müssen das kontinuierlich sein. Wenn ein Befragter mehr oder weniger höflich ablehnt, bedanken und verabschieden Sie sich.
Anstand ist die Grundlage: denken Sie immer daran, sich zu bedanken, auch, und vor allem, wenn die Befragten uns erlauben, das Gespräch fortzusetzen (am Anfang) und zu beenden (am Ende). In diesem Moment führen Sie je nach Projekt ein Interview durch, aber Sie tun dies im Namen des Forschungsinstituts (unseres Kunden) oder des Endkunden (der Marke) oder von FFIND (uns), wenn der Kunde und/oder Endkunde nicht erwähnt werden möchte.
4. Stets neutral sein
Die Wärme der Stimme ist eine der Stärken von CATI-Befragungen, aber sie kann auch ein zweischneidiges Schwert sein. Wenn Sie den Befragten am Telefon haben, entsteht eine Beziehung, in der Sie den Befragten durch das Interview führen, als wäre der Fragebogen ein Schienennetz, aber Sie dürfen niemals die Richtung beeinflussen: Ihre Meinung ist während des Interviews nicht gefragt.
Einige Befragte könnten sogar versuchen, Ihre Meinung zu einer Frage einzuholen. Äußern Sie niemals Ihre Meinung! Akzeptieren Sie alle Antworten ohne sie zu befürworten oder zu missbilligen und ohne die Frage oder die Antwort zu kritisieren. Halten Sie sich an das Skript, ohne etwas hinzuzufügen, wegzulassen oder zu umschreiben – eine Änderung eines Begriffs oder eine Erklärung eines Wortes könnte die Daten beeinflussen. Vergessen Sie aber nicht, dass in diesem Punkt eine gewisse Flexibilität seitens des Auftraggebers möglich ist, denn während des Briefings wird festgelegt, wie stark Sie in den Fragebogen eingreifen dürfen.
5. Das Probing richtig kalibrieren
Ihre Aufgabe ist es auch, zu verstehen, ob ein “Weiß ich nicht” nützlich ist als Datenerhebung für unseren Kunden, oder ob es notwendig ist eine genauere Antwort zu erbitten. Es ist wichtig, einen hohen Prozentsatz von “Weiß ich nicht” an den Supervisor zu melden, so dass man sich an das Marktforschungsinstitut wenden kann, welches die Studie in Auftrag gegeben hat, um zu sehen, ob man so fortfährt oder den Befragten durch eine Verbesserung der Frage zu einer Antwort bringt.
Bei offenen Antworten sollten Sie sich nicht mit zu kurzen oder oberflächlichen Antworten zufriedengeben. Wiederholen Sie die Frage, ohne sie zu verändern und versuchen Sie, dass der Befragte intensiv nachdenkt: “Sie haben nur zwei Marken genannt. Sind Sie wirklich sicher, dass Sie sich nicht an andere Marken erinnern?”.
Man hilft sich selbst am besten
Ich sage es immer wieder: Ich habe auf LinkedIn Dutzende von Top-Managern getroffen, die selbsterstellte Umfragen durchführen, manchmal sogar für renommierte Marken und sich dabei als Forscher darstellen. Sie verwenden semiprofessionelle Instrumente wie SurveyMonkey oder noch schlimmer, Google Forms, beziehungsweise richten ein kleines Callcenter für ihre Marktforschung ein. Wenn Sie zu diesen Menschen gehören, dann erhören Sie meine Bitte.
Aber ich muss Ihnen auch sagen, dass das Fachwissen, welches Ihnen ein Marktforschungsinstitut (unser Kunde) in Verbindung mit einem Datenerhebungsspezialisten (wie uns) zur Verfügung stellen kann, Ihnen viel präzisere Ergebnisse liefern wird. Bei der Marktforschung kommt es darauf an, welche Fragen man stellt, wie sie erhoben werden, von wem sie erhoben werden und wie sie interpretiert werden.
Würden Sie lieber wenig ausgeben und ungewisse Ergebnisse erhalten oder den richtigen Betrag investieren und einen Blick in die Zukunft erhaschen, um Geschäftsentscheidungen treffen zu können?
Viel Erfolg bei der Forschung!
Ennio Armato
Für eine Beratungsanfrage können Sie unser Verkaufsteam kontaktieren. a.imborgia@ffind.com
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